Entsandte Arbeitnehmer

Der Begriff «entsandt» besagt, dass ein Arbeitnehmer im Auftrag seines Arbeitgebers für befristete Zeit eine Arbeit in einem anderen Land ausübt oder dass ein Selbständigerwerbender für befristete Zeit eine Arbeit in einem anderen Land verrichtet. Während dieser befristeten Zeit bleibt die Sozialversicherungs-Gesetzgebung seines Herkunftslandes gültig Die Entsendung bildet eine Ausnahme aus dem Prinzip der Unterstellung unter das Sozialversicherungssystem des Landes, in welchem die Arbeit ausgeführt wird. Es sollte nicht verwechselt werden mit den Bestimmungen für Arbeitnehmer, die mehrere Anstellungen in verschiedenen Staaten haben. Der entsandte Arbeitnehmer arbeitet im Staat, in dem er lebt für einen Arbeitgeber, der ihn ausnahmsweise für eine limitierte Zeit ins Ausland «entsendet». Die Regeln für die Entsendung sind je nach Herkunftsstaat des Entsandten und den abgeschlossenen oder nicht vorhandenen Abkommen zwischen den betreffenden Staaten unterschiedlich:

1. Schweiz – EU:

  • Entsendung zwischen der Schweiz und EU-Staaten und EU- oder Schweizer Nationalität.

(Wenn keine Schweizer oder EU-Nationalität siehe Punkt 3 Staaten ausserhalb der EU/EFTA).

2. Schweiz – EFTA

  • Entsendung zwischen der Schweiz und EFTA-Staaten und EFTA- oder Schweizer Nationalität.

(Wenn keine Schweizer oder EFTA-Nationalität besteht, siehe Punkt 3: Staaten ausserhalb der EU/EFTA).

3. Vertragsstaaten Schweiz – Staaten ausserhalb der EU/EFTA

  • Entsendungen zwischen der Schweiz und nicht EU-Staaten, mit denen die Schweiz ein Abkommen geschlossen hat.
  • Entsendungen zwischen der Schweiz und EU/EFTA-Staaten (ausser Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen und Rumänien), wenn der Entsandte weder die Schweizer noch eine EU-Nationalität besitzt.
  • Entsendung zwischen der Schweiz und der EFTA, wenn der Entsandte weder die Schweizer noch eine EFTA-Nationalität besitzt.

4. Schweiz – Nicht-Vertragsstaaten

  • Entsendung zwischen der Schweiz und Staaten, mit denen kein Abkommen geschlossen wurde.
  • Entsendung zwischen der Schweiz und Island, wenn der Entsandte werder die Schweizer noch eine EFTA-Nationalität besitzt.
  • Entsendungen zwischen der Schweiz und Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen und Rumänien, wenn der Entsandte weder die Schweizer noch eine EU-Nationalität besitzt.

Wir erläutern weiter unten den Fall der «Entsendung» zwischen der Schweiz und der EU, wenn der Entsandte die Schweizer oder eine EU-Nationalität besitzt.  

 

Die Soziale Sicherheit für Entsandte Schweiz – EU

Eine «Entsendung» untersteht folgenden Bedingungen:

Vorübergehende Dauer der Entsendung

Eine Entsendung ist nur für einen begrenzten Zeitraum möglich und darf grundsätzlich nicht länger als 24 Monate dauern. Auf ein Gesuch hin kann sie verlängert werden.

Gewöhnliche nennenswerte Geschäftstätigkeit im Ursprungsland

Der entsandte Arbeitgeber muss im Ursprungsland bereits seit einer gewissen Zeit nennenswerte wirtschaftliche Aktivitäten ausüben. Selbständigerwerbende müssen vor der Entsendung bereits seit einer gewissen Zeit nennenswerte wirtschaftliche Aktivitäten im Ursprungsland ausüben.

Vorhergehende Versicherung im Ursprungsland

Unmittelbar vor der Entsendung müssen die Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit des Ursprungslandes unterstellt gewesen sein. Richtungsweisend kann die vorhergehende Versicherungszeit als erfüllt angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer während mindestens einem Monat (bzw. zweier Monate für Selbständige) den Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit des Ursprungslandes unterstellt war.

Kein Auswechseln der Entsandten

Es ist nicht zulässig, Arbeitnehmer zu entsenden und damit Personen zu ersetzen, deren Entsendezeit abgelaufen ist.

Arbeitnehmende: direkte Bindung an den Arbeitgeber

Zwischen dem entsendenden Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer muss während der ganzen Entsendungsdauer nachweisbar eine direkte arbeitsrechtliche Bindung bestehen.

Selbständigerwerbende: Ausübung einer ähnlichen Tätigkeit

Bei der Tätigkeit, die die selbständige Person vorübergehend im Ausland ausübt, muss es sich um eine handeln, die mit der zuvor im Ursprungsland ausgeübten Tätigkeit vergleichbar ist (gleicher Berufszweig).

 

 

Entsendungen aus der Schweiz in einen EU-Staat

Entsendungsbescheinigung: Ein Arbeitgeber, der eine Person für maximal 24 Monate entsenden möchte, oder ein Selbständigerwerbender, der für maximal 24 Monate vorübergehend im Ausland erwerbstätig sein möchte, stellt bei seiner AHV-Ausgleichskasse einen Antrag auf Ausstellung einer Entsendungsbescheinigung. Wenn die Voraussetzungen für eine Entsendung erfüllt sind, stellt die AHV-Ausgleichskasse eine Bescheinigung A1 aus und händigt diese dem Arbeitgeber (der die Bescheinigung dem Entsandten übergibt) oder dem Selbständigerwerbenden aus.

Verlängerung der Entsendung

Wenn der Zeitraum von 24 Monaten nicht ausreicht, so kann der Arbeitgeber im Interesse des Arbeitnehmers beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Effingerstrasse 20, 3003 Bern, einen Antrag auf Entsendungsverlängerung (Ausnahmevereinbarung) einreichen.

Auswirkungen der Entsendung

Während der Entsendungsdauer bleiben alle Rechte und Pflichten der schweizerischen Gesetzgebung massgebend. Die entsandte Person und ihr Arbeitgeber bezahlen also weiterhin Beiträge an AHV, IV, Erwerbsersatzordnung, Arbeitslosenversicherung, berufliche Vorsorge, Unfallversicherung und Familienzulagenordnung. Auch Selbständige entrichten weiterhin die für sie obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitnehmer und seine nichterwerbstätigen Familienangehörigen bleiben in der Schweiz obligatorisch gemäss KVG krankenversichert. Auch der Anspruch auf schweizerische Familienzulagen bleibt bestehen. Die entsandte Person ist gegenüber den Sozialversicherungen des vorübergehenden Beschäftigungsstaates zu keinem Beitrag verpflichtet, kann zu Lasten dieses Staats aber auch keine Leistungen beziehen.

Versicherungsschutz während der Entsendung aus der Schweiz in einen EU-Mitgliedstaat

Aus der Schweiz entsandte Arbeitnehmer und deren Hinterlassene haben Anspruch auf Leistungen der schweizerischen Sozialversicherungen bei Berufsunfällen, Berufskrankheiten und Arbeitslosigkeit sowie auf Leistungen im Alter, bei Tod und Invalidität. Auch Familienleistungen werden weiterhin gewährt. Entsandte, die weiterhin Wohnsitz in der Schweiz haben, haben im Falle von Krankheit und Mutterschaft je nach Leistungsart und Dauer des Aufenthalts im Beschäftigungsland Anspruch auf die medizinisch notwendige Behandlung. Dazu benötigen sie eine Europäische Krankenversicherungskarte, welche beim zuständigen Krankenversicherer bezogen werden kann. Das Gleiche gilt für die sie begleitenden nichterwerbstätigen Familienangehörigen. Die medizinische Versorgung im vorübergehenden EU-Beschäftigungsstaat wird nach dem Recht dieses Landes gewährt.

Entsendungen aus einem EU-Staat in die Schweiz

Die obenstehenden Erläuterungen gelten im Prinzip auch für die Entsendung aus einem EU-Staat in die Schweiz. Die Formalitäten müssen einfach im umgekehrten Sinn erfolgen. Der Arbeitgeber oder der Selbständigerwerbende muss also die Bescheinigung A1 bei der zuständigen Stelle des entsprechenden EU-Staates verlangen. Diese stellt die Bescheinigung aus und übergibt sie dem Antragsteller, der dem entsandten Arbeitnehmer eine Kopie aushändigt. Die Bescheinigung ist der zuständigen AHV-Ausgleichskasse auszuhändigen, die entscheidet, ob für diesen Fall die schweizerische Gesetzgebung gilt. Die oben stehenden Erläuterungen sind dem Merkblatt Soziale Sicherheit für Entsandte / Schweiz - EU entnommen.

Gasttournee im Ausland

Wenn eine in der Schweiz ansässige Compagnie eine Produktion im Ausland aufführt, haben die Arbeitnehmer den Status von Entsandten, wenn:

  • ein Abkommen zwischen der Schweiz und dem entsprechenden Staat besteht.
  • im Anwendungsbereich des Abkommens der Staat, dessen Nationalität der Arbeitnehmer besitzt, nicht ausgeschlossen ist.
  • der Arbeitnehmer dem Sozialversicherungssystem der Schweiz unterstellt ist.
  • der Arbeitgeber ein Entsendungsgesuch für seinen Arbeitnehmer stellt und eine Bescheinigung A1 erhält.

Beispiel: Eine französische Künstlerin ist von einer Schweizer Compagnie engagiert, um ein Projekt in Italien zu realisieren. Zwischen der Schweiz und Italien gilt das Freizügigkeitsabkommen, das für alle Angehörigen der Schweiz und der EU-Staaten Gültigkeit hat. Die französische Künstlerin ist also nicht ausgeschlossen. Es ist festzustellen, ob sie dem Schweizer Sozialversicherungssystem unterstellt ist. Das ist sie nur, wenn sie weniger als 25 Prozent ihrer Erwerbstätigkeit in Frankreich ausübt und nicht mehrere Arbeitgeber in mehreren EU-Staaten hat. Im anderen Fall wäre sie dem französischen Sozialversicherungssystem unterstellt; die französische Verwaltung wäre für die Entsendung nach Italien zuständig und müsste auf Anfrage des Arbeitgebers oder der Künstlerin die Bescheinigung A1 ausstellen. Der Arbeitgeber müsste die Sozialabgaben in Frankreich und nicht in Italien abrechnen.

Variante: Die Arbeitnehmerin ist bereits dem Sozialversicherungssystem der Schweiz unterstellt, wenn sie die Arbeit in Italien aufnimmt. In diesem Fall kann sie direkt aus der Schweiz entsandt werden. Es ist also die AHV-Kasse des Arbeitgebers, die auf sein Gesuch hin die Bescheinigung A1 ausstellt, was erlaubt, dass die Künstlerin nicht dem italienischen Sozialversicherungssystem unterstellt ist. Die Sozialversicherungsbeiträge werden in der Schweiz abgerechnet.